Sport bei Demenz

Welche Rolle spielt Sport zur Verhinderung eines dementiellen Prozesses?

Für die Entwicklung einer Demenz gibt es verschiedene Risikofaktoren: unter anderem höheres Alter, weibliches Geschlecht, arterielle Hypertonie, Diabetes Mellitus, Adipositas, Nikotinabusus, niedriges Bildungsniveau, Depressionen, aber auch fehlende körperliche Aktivität. Epidemiologische Studien haben berechnet, dass die prinzipiell veränderlichen Faktoren, also alle außer Geschlecht und höherem Lebensalter, zusammen für 30% der Alzheimer-Erkrankungen in Deutschland und damit für über 300.000 Erkrankungen verantwortlich sind. Das höchste Risiko stellt laut Berechnungen hierbei die körperliche Inaktivität dar (Luck & Riedel-Heller, 2016). Entsprechend gilt Sport als protektiver Faktor gegenüber der Entstehung einer Demenz, selbst wenn erst im höheren Lebensalter damit begonnen wird (Duzel et al, 2016).

Das Konzept der „Kognitiven Reserve“

Dieser Begriff bezeichnet die Gesamtheit der morphologischen und funktionellen zerebralen Bedingungen, die die Auswirkung altersabhängiger und auch pathologischer kognitiver Verschlechterungen modulieren bzw. abmildern können. Dies wird ermöglicht durch eine verstärkte Aktivität noch funktionsfähiger Neurone bzw. neuronaler Netzwerke in der Nachbarschaft geschädigter Gebiete. Man geht davon aus, dass körperliche Aktivität die neuronale strukturelle Integrität erhält. Auch andere Faktoren wie eine intellektuelle berufliche Betätigung, geistig fordernde Freizeitaktivität, rege soziale Interaktionen und ein intaktes familiäres Umfeld können dazu beitragen.

Eine ausführliche Erklärung hierzu liefert eine Übersichtsarbeit von Cheng, 2016 (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4969323/).

Körperliche Aktivität ist also eindeutig auch für die Gehirnfunktion relevant. Die Wahrheit ist allerdings, dass 50% der Menschen in Deutschland körperlich inaktiv sind. Dies ergab eine Umfrage zwischen 2008 und 2012, veröffentlicht im Deutschen Ärzteblatt (Völzke et al, Dt. Ärzteblatt, 2015).

Sportliche Aktivität in der Therapie von Demenzen

Die gute Nachricht ist, dass Sport auch dann noch die kognitiven Funktionen verbessern kann, wenn schon eine Demenz besteht. In einer Vielzahl von Einzelstudien und auch in einer Metaanalyse vieler Demenz-Studien zwischen 2005 und 2015 konnte die Wirksamkeit belegt werden. Gemittelt über alle Studien war der Effekt von körperlicher Aktivität auf die kognitiven Funktionen mit einer Effektstärke von Q = 0,46 mittelmäßig hoch. Darüber hinaus besserten sich auch psychologische Faktoren, die Alltagsaktivitäten (Q= 0,73) und natürlich körperliche Parameter (Q= 1,05) (Lee et al. 2016).

Therapeutisch können bei Demenz alle Sportarten ausgeführt werden, die individuell möglich sind. In der Praxis wird häufig Walking empfohlen, da die Verletzungsgefahr hierbei gering ist und es leicht durchführbar ist. Bei anderen „aktiveren“ Sportarten kann der Effekt noch größer sein. Nach aktuellen Erkenntnissen scheint eine Kombination von Sportarten oder Trainingsformen am wirksamsten zu sein. Dies kann beispielsweise Ausdauertraining plus Krafttraining sein oder sogar die Kombination von körperlichem und kognitivem Training.