Schlafstörungen

Ein schlechter Schlaf kann schon nach kurzer Zeit eine große Belastung für den Betroffenen sein. Wenn Sie nicht einschlafen können oder nachts aufwachen und anschließend lange keinen Schlaf mehr finden, gehören Sie zu den 20-30% der Menschen in Industrienationen, die von ähnlichen Problemen betroffen sind.

Schlafstörungen können sich als Ein- oder Durchschlafstörungen („Insomnien“) äußern, als vermehrtes Schlafbedürfnis mit Tagesmüdigkeit (Hypersomnien), als gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus oder als unerwünschte Phänomene im Schlaf („Parasomnien“).

Ursächlich können verschiedene neurologische, psychiatrische oder internistische Erkrankungen sein oder auch der Einfluss von Medikamenten. In den meisten Fällen liegen jedoch keine feststellbaren organischen Störungen zugrunde. Stattdessen sind es häufig aktuelle psychische Belastungsfaktoren, die zu nächtlicher Anspannung, Sorge und Gedankenkreisen führen und so die Nachtruhe stören. Natürlich können auch Lärm oder Licht, Schmerzen, Schlafmangel, Jet Lag oder Schichtdienstarbeit dazu führen, dass man nicht erholsam schläft.

Jede Schlafstörung bedarf einer genauen Anamnese, da sich die Ursache häufig hierdurch schon klären lässt. Vor allem Vorerkrankungen, die eingenommenen Medikamente und die momentane berufliche, familiäre und psychische Situation spielen hier eine Rolle. Auch die Anamnese durch den/die Lebenspartner/-in kann wichtige ergänzende Informationen ergeben, zum Beispiel über heftige Beinbewegungen im Schlaf, starkes Schnarchen oder Atemaussetzer.

Zur weiteren Abklärung kann eine spezielle neurologische Diagnostik notwendig sein. Das Elektroenzephalogramm (EEG) wird ambulant in der neurologischen Praxis abgeleitet; ergänzend kann in speziellen Fällen eine Untersuchung im Schlaflabor (z.B. Polysomnographie und Multipler Schlaf-Latenz-Test) notwendig sein.

Je genauer die ursächlichen Fakten eruiert werden, desto spezifischer kann auch eine Therapie erfolgen. Die Verordnung reiner Schlafmittel muss immer nach genauer Abwägung und Aufklärung des Patienten erfolgen, da viele Substanzen Nebenwirkungen haben und eine Abhängigkeit hervorrufen können.

Exkurs zur Chronobiologie des Menschen

Die innere Uhr

Wachheit und Körperfunktionen werden bei jedem Menschen durch seine innere Uhr gesteuert, die einen individuellen Rhythmus, den zirkardianen Rhythmus, vorgibt. Dieser weicht etwas vom äußeren 24-h-Rhythmus ab und liegt laut Studien im Durchschnitt bei knapp 25 Stunden. Die anatomische Struktur des Taktgebers ist eine in der Tiefe des Gehirns nahe der Sehnervenkreuzung doppelt angelegte Nervenzellansammlungen, der Nucleus suprachiasmaticus (SCN) des Hypothalamus.

Die innere Steuerung wird durch äußere Faktoren reguliert, v.a. dem Licht. Lichtimpulse werden aus speziellen Zellen der Netzhaut zu diesen Kerngebieten geleitet – und zwar auch bei blinden Menschen! Bei Babys dauert es ca. sechs Monate, bis der Lichteinfluss sich auf die innere Uhr auswirkt – vorher sind eher soziale Faktoren relevant, etwa die Trinkzeiten. Regelmäßige Ernährungszeiten können sich also schon beim Säugling förderlich auf die Schlafphasen auswirken.

Die Regulation erfolgt hormonell durch ein Wechselspiel der regulierenden Hormone Melatonin und Serotonin: Bei Lichteinfall wird die Ausschüttung des Hormons Melatonin aus der Epiphyse (der Zirbeldrüse) blockiert, während dieses in Dunkelheit ausgeschüttet wird. Beim Lichteffekt ist Sonnenlicht effektiver als Kunstlicht, u.a. weil Sonnenlicht morgens einen hohen Anteil an blauem Licht hat, das die Melatoninwirkung blockiert und die Serotoninwirkung fördert. Im Dunkeln wird Serotonin in Melatonin umgewandelt. Zu wenig Lichteinwirkung am Tag kann demnach Schlafstörungen bewirken.

Die Schlafdauer ist individuell sehr unterschiedlich und liegt in den allermeisten Fällen zwischen 6 und 9 Stunden, wobei es auch Menschen gibt, die weniger als 6 oder mehr als 10 Stunden Schlaf pro Nacht brauchen. Dazu gibt es Menschen, die eher früh schlafen, die sehr spät einschlafen und erwachen und die „Neutraltypen“, deren Schlafmitte (bei 8 Stunden Schlaf) zwischen 3 und 4 Uhr morgens liegt. Diese machen aber nur 30% der Bevölkerung aus! Spätschläfer sind häufiger als Frühschläfer, so dass ein Großteil der Menschen in unserer Gesellschaft nicht physiologisch schläft, sondern stets früher aufstehen muss, als es der eigene Biorhythmus bestimmen würde. Dies nennt man „sozialen Jetlag“, der meist ein chronisches Schlafdefizit mit sich bringt. Betroffen sind häufig auch Jugendliche, deren Schlaf sich während der Pubertät nach hinten verschiebt (physiologisch und wegen häufiger Mediennutzung), so dass sie morgens unausgeschlafen sind.

Folge des Schlafmangels sind häufiger Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen und schlechte Laune bei Kindern und Jugendlichen, häufiger kognitive Einschränkungen und ein erhöhtes Unfallrisiko im Arbeitsleben. Langfristig resultiert ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Mellitus, für Depressionen und Angststörungen. Auch ein unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus gilt als Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen.

Neben dem Schlaf werden noch andere physiologische Körperfunktionen durch unsere innere Uhr reguliert: der Stoffwechsel, die Körpertemperatur, der Blutdruck, das Hormon- und Immunsystem und die Nierenfunktion. Der Cortisolspiegel ist frühmorgens am höchsten und sinkt dann ab auf minimale Werte in der Nacht (also genau gegenläufig zum Melatonin).

Neben der inneren Uhr im Gehirn gibt es noch weitere Steuerungsmuster in den einzelnen Organen, zum Beispiel der Leber und dem Darm. Dementsprechend kann sich ein unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus wie bei Schichtarbeit oder chronischem Schlafmangel negativ auf unser Verdauungssystem (inklusive den im Darm gebildeten Abwehrstoffen). Übrigens werden viele Medikamente deshalb am besten morgens gegeben, weil hier durch die verstärkte Tätigkeit und Durchblutung des Magen-Darm-Traktes eine schnellere und bessere Resorption des Medikaments gewährleistet ist.